Betreten des Stammtischs auf eigene Gefahr

Als Stammtisch und Skatabend sind ihre Treffen getarnt: Dr. Joseph Drexel (*1896) und weitere Aktivisten der so genannten Niekisch-Bewegung kommen ab 1933 regelmäßig im Mautkeller zusammen. Dort diskutieren sie unter anderem ein Manuskript von Niekisch, das Drexel als „Hassgesang auf das Dritte Reich“ bezeichnet, und erwägen ein Attentat auf Hitler. Nach dem Krieg erlangt Joseph Drexel Bekanntheit als Gründer der Nürnberger Nachrichten.

Drexel

Historische Bildquelle: StadtAN A41 LR-763-12

Die Nürnberger Niekisch-Gruppe galt als die größte und aktivste Gruppe der reichsweiten „nationalrevolutionären Bewegung“. Drexel war ab 1931 für die Finanzen und die publizistische Arbeit des „Widerstandsverlags“ zuständig. Unter seiner Leitung nahm die Gegnerschaft zum Regime immer mehr Raum in der Gruppe ein, wobei es zunächst weniger um eine aktive Untergrundarbeit, sondern mehr um ein „Überwintern“ im Regime und die Bewahrung der eigenen Inhalte ging.

Dr. Joseph Drexel Im Jahr 1969. Bildquelle: Nürnberger Nachrichten / Friedl Ulrich

Dr. Joseph Drexel Im Jahr 1969.
Bildquelle: Nürnberger Nachrichten / Friedl Ulrich

Im April 1934 geriet Drexel in den Besitz einer größeren Sammlung verbotenen kommunistischen Schriftguts und versteckte es im Archiv der Nürnberger Lebensversicherung, bei der er damals arbeitete. Als im Dezember 1934 das zentrale publizistische Organ der Bewegung verboten wurde, setzte die Gruppe ihre „Stammtische“ dennoch fort. 1935 bildet sich unter den Aktiven ein harter Kern heraus, der sogar ein Attentat auf Hitler während der Reichsparteitage diskutierte.

Drexel wurde schließlich durch einen in der Gruppe platzierten Gestapo-Spitzel verraten. Das Versteck in der Nürnberger Versicherung flog auf, Drexel wurde zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Mit seiner Verhaftung begann eine Repressionswelle, welche die Widerstandsbewegung im ganzen Reich zerschlug. Nach der Zuchthausstrafe wurde Drexel wieder in Gestapohaft genommen und bis zur Befreiung vom Faschismus in den Konzentrationslagern Mauthausen und Flossenbürg in Bunkerhaft gehalten. Nach der Befreiung erlangte er weitreichende Bekanntheit als Gründer der „Nürnberger Nachrichten“, und setzte sich in dieser Rolle, wie auch als Mitglied der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN)“, für eine demokratische und pluralistische Gesellschaft ein.